Traumaübung 2016


Es ist Samstagmittag. Um 13.05 Uhr durchbricht ein lauter Knall die Stille. In einer Kraftfahrzeug-Werkstatt ist ein Gastank explodiert. Nur acht Minuten später sind die alarmierten Retter vor Ort. Als die Feuerwehr und das Notarztteam eintreffen, bietet sich zunächst eine unübersichtliche Situation.

Dichter Rauch dringt aus der Werkstatt, die Schreie der verletzten Menschen gehen durch Mark und Bein und überall liegen umgestürzte Fahrzeuge...

Sehr realitätsnah probten am Samstag 80 Helfer des Regionalen Traumazentrums Eschweiler (im Trauma-Netzwerk Euregio Aachen) und die Feuer- und Rettungswache Eschweiler den Ernstfall. „Die logistische Herausforderung ist für alle beteiligten Berufsgruppen enorm“, so Jochem Quickstedt, der als erfahrener Notarzt und Leitungsmitglied des Traumazentrums am St.-Antonius-Hospital an der Planung dieser gemeinsamen Übung mit der Feuerwehr beteiligt war.

„Wie schnell können wir reagieren, wenn viele Menschen bei einem Unfall gleichzeitig verletzt werden? Die Schadenslage muss schnellstens analysiert werden, dann hat der Notarzt die Aufgabe, die Verletzten zu triagieren (Einordnung nach der Dringlichkeit der Behandlung) und eventuell weitere Notärzte zur Unfallstelle anzufordern“, so Quickstedt weiter.

Währenddessen kümmert sich die Feuerwehr um die Sicherung der Unfallstelle und der Retter. „Das ist unsere zentrale Aufgabe“, betont Brandoberamtsrat Axel Johnen. In diesem imaginären Fall könne weiterer Gasaustritt zu einer erneuten Explosion führen und die Lage verschlimmern. Also konzentrieren sich die Feuerwehrleute auf den Schutz der Retter und sichern beispielsweise vor einer Einsturzgefahr oder einer weiteren Explosion.

Um für den Ernstfall bestens gerüstet und aufeinander eingespielt zu sein, üben Feuerwehr und St.-Antonius-Hospital seit mittlerweile vier Jahren die „Verzahnung“, damit es nicht zu unnötigen Zeitverlusten kommt.

Um 13.18 Uhr ist also die imaginäre Rettung in vollem Gange. Traumatisierte Verletzte laufen planlos durch die Gegend. Mit Argusaugen beobachten Brandoberamtsrat Axel Johnen, Dr. Oliver Heiber und Dr. Ture Wahner, Chefärzte der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie am St.-Antonius-Hospital, das Geschehen. Ein Verletzter, der unter einem von der Hebebühne gestürzten Fahrzeug eingequetscht wurde, konnte bereits befreit werden. Der Mann ist schwer verletzt und steht unter Schock.

„In kürzester Zeit die richtigen Entscheidungen zu fällen, das ist jetzt gefordert“, sagt Sven Dresbach, Anästhesist und Notarzt. Als Übungsleiter informiert er die Retter über die Vitalparameter (Blutdruck, Herzfrequenz, usw.) der Verletzten. Die zehn schwer verletzten Menschen werden von freiwilligen Darstellern gemimt. Die Wunden hat Jens Wynands so realistisch geschminkt, dass man kaum glaubt, dass es sich hier um eine Übung handelt.

Während der eingequetschte Patient bereits unter Notarztbegleitung auf dem Weg ins Krankenhaus ist, werden die anderen Verletzten bereits im (eigens in der Feuerwache eingerichteten) Schockraum versorgt und auf die umliegenden Kliniken verteilt.

„Für diese Übung haben wir zwei Schockräume aufgebaut“, erklärt Chirurg und Unfallchirurg Joachim Kexel, der ebenfalls seit Jahren die Veranstaltung als Übungsleiter begleitet. „Die Kommunikation zwischen ‚draußen‘ und ‚drinnen‘, also zwischen Rettern und Krankenhaus, muss perfekt funktionieren, damit keine Verzögerung bei der Übergabe der Patienten entsteht! Diese Choreographie muss gelernt sein, dann ist es im Ernstfall ein routinierter Ablauf.“

Unfallchirurgen, Chirurgen, Anästhesisten und Pflegekräfte arbeiten jetzt hoch konzentriert und behandeln einen Patienten mit einer offenen Oberschenkelfraktur; im zweiten Schockraum wird ein Mann erstversorgt, der eine schwere Rauchgasvergiftung erlitten hat. Er muss so schnell wie möglich in die Druckkammer der RWTH Aachen, um dort mit einer speziellen Sauerstofftherapie behandelt zu werden. „Diese Therapie kann Patienten in diesem kritischen Zustand das Leben retten“, erklärt Dr. Heike Neuhaus.

„Die kontinuierliche Übung solcher Notfälle hat einen nachweisbaren Effekt. Die Rettungszeiten in Eschweiler sind gegenüber dem Bundesdurchschnitt besonders kurz“, lobt Dr. Oliver Heiber das gute Zusammenspiel und das hohe Engagement der Teilnehmer, die hier unentgeltlich in ihrer Freizeit schwer arbeiten. Auch Oberbrandmeister Marcel Krott ist begeistert: „Die Übung war ein voller Erfolg, ich freue mich schon auf das nächste Jahr!“

Vor den spektakulären Aktionen erläuterten Mitarbeiter des St.-Antonius-Hospitals, Dr. Theresa Kaminski, Dr. Oliver Heiber, Cornelia Uhles, Erik Berretz, Joachim Kexel, sowie Axel Johnen, Brandoberamtsrat und Leiter der Feuer- und Rettungswache und Oberbrandmeister Marcel Krott in Vorträgen und Workshops die Rettungstechniken.

Quelle: Eschweiler Zeitung

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